Protestkultur

drObs Oktober 2021

drObs Oktober 2021
Mit dem Herbst hat auch der Oktober begonnen – und der bringt die neue Ausgabe der drObs! Als erste Amtshandlung wird die heute Schülerpraktikantin Emilia für euch vorstellen. Zu kaufen bekommt ihr sie bereits seit letzter Woche an den gewohnten Standorten unserer Verkäufer*innen.

Während am letzten Freitag in Dresden aufgrund des „Tages der friedlichen Revolution“ an die Montagsdemos 1989 erinnert wurde, widmen wir uns in unserer neuen Ausgabe dem Titelthema „Protestkultur“. Protestiert wurde in den letzten Jahren in Dresden viel. Dabei reicht die Unzufriedenheit in alle politischen Lager. Ob PEGIDA und Anti-Pegida, Querdenken oder Fridaysforfuture – sie alle wollen unter völlig verschiedenen Vorzeichen etwas verändern. In unserem Titelthema widmen wir uns der „Freien Arbeiter*innen Union“ kurz – FAU. Die FAU versteht sich als antikapitalistischen Gegenentwurf zur klassischen Gewerkschaft. Sie kämpft für eine Welt ohne Kapitalismus und Herrschaft, will den Staat abschaffen und ist deshalb vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft. Eigentum soll der Gemeinschaft gehören – deshalb besetzen FAU-Mitglieder zum Beispiel auch leer stehende Häuser. Gleichzeitig widmet sie sich Awareness-Themen. Als Sprachrohr für die schwächsten in der Gesellschaft zählen zu ihren Mitgliedern Obdachlose, Erwerbslose, Menschen im Hartz-IV-Bezug, prekär beschäftigte Angestellte oder Opfer von Mobbing und Diskriminierung. Wir haben mit Rosa und Wolf über Demokratie, eine staaten- und klassenlose Gesellschaft, Arbeitskämpfe am Rande der Legalität gesprochen.
Doch nicht nur heute, sondern auch vor 200 Jahren waren die Dresdner*innen schon sehr prostestfreudig. So richtete sich 1839 der Protest gegen einen neu errichteten Friedhof der Anatomie: Anwohner*innen fürchteten aufgrund unhaltbarer hygienischer Zustände „Leichenhaare“ und „Cadaverjauche“ im Nachmittagskaffee und gingen auf die Barrikaden. Ihr lest darüber im historischen Teil unserer Ausgabe.

Anlässlich der noch bis 17. Oktober laufenden Interkulturellen Tage geht außerdem um die vietnamesische Community. Vietnames*innen gelten oft als vorbildlich integriert – doch unser Gesprächspartner Le Nho Quyen sieht dieses Bild kritisch. Er will diese Sonderrolle nicht und wendet sich gegen den Versuch, verschiedene Kulturen gegeneinander auszuspielen. Le Nho Qyuen beschreibt die Ausgrenzung, die Vietnames*innen in der DDR, aber auch nach der Wende erfuhren, und er spricht über mangelnde Integration der ersten Einwanderergeneration und „Überintegration“ der in Deutschland aufgewachsenen Jugend.
Ausgrenzung erfahren übrigens auch Frauen in der Rappszene, wobei sich die Dresdner Szene in Sachen Rassismus und Frauenfeindlichkeit kaum von der US-amerikanischen unterscheide, sagen C. C. Estrés und Persé – zwei junge Dresdner Rapper*innen. Das muss sich ändern, sagen beide. C.C. Estrés wird als Rapperin oft belächelt – selbst von Frauen in der Szene. Persé hat diese Frauenfeindlichkeit, aber auch den immer noch üblichen Rassismus in der Rappszene erst spät erkannt. Deshalb möchte er es bei seinen Texten umso mehr anders machen. Nächstes Jahr wollen C. C. und er musikalischen gemeinsame Wege gehen.