Überleben

drObs Februar 2023

drObs Februar 2023
Wie überleben in Dresden Menschen am Rande der Gesellschaft? Gerade im Winter? Vor allem für Personen, die aus verschiedensten Gründen nicht im Sozialleistungsbezug stehen oder aber aufgrund von Verschuldung oder Suchterkrankungen Abstriche selbst am Nötigsten machen müssen, ist diese Frage ein Lebensthema – wir haben sie zum Titelthema unserer Februar-Ausgabe gemacht. 

Was bleibt für die Ärmsten in einer Gesellschaft des Überflusses und des Reichtums? Denn gleichzeitig werden jedes Jahr in Deutschland 11 Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet, von denen viele eigentlich noch verzehrbar gewesen wären – die meisten davon inzwischen übrigens in privaten Haushalten. Die aktuelle Inflationskrise und der Krieg in der Ukraine haben die Lage für viele Betroffene zusätzlich verschärft. Suppenküchen und Tafeln haben Hochkonjunktur – und konkurrieren um eine geringer werdende Menge an Lebensmitteln, die in Supermärkten übrig bleibt. Gleichzeitig sind die Abfalltonnen einiger Dresdner Märkte noch immer voll, wie Thomas* in unserer Titelgeschichte zu berichten weiß. Thomas containert seit über 20 Jahren – und ernährt darüber zu einem guten Teil seine Familie. Thomas müsste nicht containern, tut es aber aus Überzeugung, um ein Zeichen gegen Verschwendung und eine aus sicher Sicht verfehlte Sozialpolitik zu setzen. Denn hinzu kommt: Containern ist in Deutschland nach wie vor strafbar – auch, wenn eine Initiative auf Bundesebene das nun ändern will. Thomas findet: Statt nach wie vor so viel Gutes wegzuschmeißen sollte noch viel mehr an Einrichtungen für Bedürftige verschenkt werden. In anderen Ländern regeln das längst Gesetze.
Einrichtungen wie die Suppenküchen des Eibi e. V. oder der Tagestreff der Heilsarmee, die wir in unserer Februar-Ausgabe vorstellen, hängen von gespendeten Lebensmitteln ab. Die Menschen, die hierher kommen, um ein warmes Essen zu sich zu nehmen, wissen, wie sich Hunger anfühlt. Doch die Suppenküche ist mehr als nur Versorgerin – sie bildet einen zentralen Ankerpunkt im Leben vieler ihrer Gäste und ist somit entscheidend für das sozial-emotionale Überleben der Menschen, die nicht selten völlig isoliert leben.
Unser diesjähriges Neujahrsinterview haben wir mit der kommissarischen Sozialamtsleiterin Gabriela Scholz geführt, da zum Zeitpunkt des Interviews noch unklar war, ob Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) ihr Amt würde weiterführen können. In Dresden fehlen auch aufgrund des Krieges in der Ukraine mit etwa 10 000 so viele günstige Wohnungen wie nie. Das bekommen vor allem die zu spüren, die jetzt eine preiswerte Wohnung suchen. Auch der geplante Ankauf von Sozialwohnungen der Vonovia durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft WiD wird daran wenig ändern. Doch es gibt auch Hoffnung: dank geänderter Förderrichtlinien des Freistaates fällt der Baustopp bei der WiD.
Diese und noch viele andere spannende Themen findet ihr in unserem Februar-Heft, seit 2. Februar an eurer Straßenecke!
*Weil unser Protagonist eine öffentliche Person und Containern nach wie vor eine Straftat in Deutschland ist, haben wir seinen Namen geändert