Woran wir glauben

drObs Dezember 2024

drObs Dezember 2024

Glaube ist ein ambivalentes Gebilde. Durch die ihm zugrunde liegende feste moralische Überzeugung kann er buchstäblich Berge versetzen. Das kann vor allem dann eine starke gesellschaftliche Kraft entfalten, wenn der Mensch im humanistischen Sinne als gleichwertiges, nach Freiheit und Verwirklichung strebendes Wesen dabei im Zentrum steht.

Dass das mit Blick auf die jahrtausendealten religiösen Schriftlehren, in denen Menschen- und Freiheitsrechte grundsätzlich einen schweren Stand haben, alles andere als ein Selbstläufer, sondern echte zivilgesellschaftliche Anstrengung ist, davon erzählen die Protagonist*innen in unserer Titelgeschichte.
Welch zerstörerische Kräfte Glaube aber auch hervorzubringen vermag, wenn Menschen darin die einzige Form von Anerkennung, Halt und Identität erblicken und darüber hinaus gesellschaftlich oder im näheren Umfeld ausschließlich Ablehnung oder gar Bedrohung erfahren, zeigen Radikalisierungsprozesse. Warum radikalisieren sich insbesondere junge Menschen wie etwa der Attentäter von Halle 2019, der sich bis zum Äußersten in einen rechtsextremen Verschwörungsglauben hineinsteigerte, oder jener von Dresden, der aus einer kaum religiösen Familie stammend als geflüchteter Teenager zum Islamisten wurde und 2020 ein schwules Paar angriff? Und welche Aktie hat letztlich die Gesellschaft daran?
In unserem Neujahrsinterview steht außerdem Sozialbürgermeisterin Kristin Klaudia Kaufmann (Linke) Rede und Antwort zur Kürzungswelle im Sozialbereich, die seit Wochen zu anhaltenden Protesten führt.