Divers

drObs Mai 2022

drObs Mai 2022
Da war uns wohl was durchgerutscht – wir entschuldigen uns und reichen schnell noch, wenn auch unverzeihlich verspätet, unser Mai-Heft nach, das unter dem Titelthema „Divers“ stand. Vielen Dank, dass ihr es trotzdem so fleißig gekauft habt! ☺️😘👍
 

Das Wort „divers“ ist seit Jahren zunehmend in aller Munde. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass wir zwar alle viel gemeinsam haben, tatsächlich aber doch grundverschieden sind. Unser kleinster gemeinsamer Nenner sind fundamentale Werte, die unser Zusammenleben nachhaltig prägen: Freiheitlichkeit, Gleichberechtigung, Wohlfahrt. Sie bilden die Eckpfeiler unserer demokratischen Ordnung. Demokratie selbst ist ein einziges Anerkenntnis der Unterschiedlichkeit: Nicht einer entscheidet für alle, sondern aus der Vielfalt der Bedürfnisse und Wertevorstellungen Einzelner ersteht das Konzept unseres Seins als Staat und Gesellschaft. Bedürfnisse und Werte sind in stetigem Wandel begriffen – und mit ihnen unsere Gesellschaft. Vor allem die Digitalisierung hat hierzu ihren Beitrag geleistet. Durch das Internet ist Vielfalt sichtbarer geworden, haben bis dato marginalisierte und oft auch diskriminierte Gruppen Stimme, Gesicht und Einfluss erlangt. Menschen, die früher aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt wurden, sind inzwischen gleichgestellt – wenn auch zu oft immer noch lediglich auf dem Papier. Es liegt uns Menschen in den Genen, nach Optimierung zu streben und Fehler im System zu beheben. Zum Beispiel, indem wir uns für sexuelle Selbstbestimmung und gegen Rassismus einsetzen oder indem wir uns um eine geschlechtergerechte Sprache bemühen. Aus all diesen Anstrengungen spricht jenes Anerkenntnis von Vielfalt, das der demokratische Rechtsstaat uns längst vorlebt. Jahrhundertelang haben Frauen, aber auch Homosexuelle und andere Gruppen, die vom gesellschaftlichen Normativ ausgegrenzt und in ihren Rechten beschnitten wurden, um Gleichstellung gerungen – ist es nicht längst an der Zeit, ihre grundgesetzlich geregelte Zugehörigkeit zu einer vielfältigen Gesellschaft in allen Bereichen zum Ausdruck zu bringen? Etwa, indem wir nicht mehr nur über das generische Maskulinum die Männerwelt ansprechen und darauf hoffen, dass sich Frauen und alle anderen Geschlechtsidentitäten, denen Menschen sich inzwischen zugehörig fühlen dürfen, sich ebenfalls angesprochen fühlen. Oder, indem wir verstehen lernen, dass kein trans-, homo- oder asexueller Mensch uns vorschreibt, wie wir zu lieben oder zu leben haben, nur weil er von uns Toleranz und Akzeptanz gegenüber seinem Anderssein einfordert. Leben und lieben lassen – es wäre doch so einfach!