drObs Oktober 2024
Nirgends ist sozialer Journalismus so erfolgreich wie in Deutschland, man könnte auch sagen: Er ist eine deutsche Erfindung. Straßenzeitungen erlebten ihre Geburtsstunde im Jahr 1927 im beschaulichen Balingen – und in den letzten 30 Jahren eine Blüte, die ihresgleichen sucht. Heute gibt es ihrer rund 40 in ganz Deutschland, so viele wie nirgends sonst auf der Welt.
Im „Social-Media“-Zeitalter sind sie die wahren sozialen Medien – und gleichzeitig ein unerbittlicher Indikator für die sozialen Zustände im Land, denn ohne galoppierende Armut, Benachteiligung und soziale Kluften bräuchte es sie gar nicht. Unter dem Titelthema „Real Social Media“ und inspiriert vom diesjährigen Gipfel der deutschsprachigen Straßenzeitungen im Mai in Hamburg steht unsere ab morgen erhältliche Oktober-Ausgabe ganz im Zeichen des Mediums Straßenzeitung – des vielen immer noch unbekannten Wesens. Warum es sie gibt, wie divers die Branche ist, warum sie innerhalb der Medienwelt auch journalistisch einen Sonderstatus haben und vor welchen Herausforderungen sie stehen, erfahrt ihr bei uns.
Aber wir haben auch über den deutsprachigen Tellerrand geschaut, denn natürlich gibt es Straßenzeitungen auch in anderen Ländern. Ein Gastbeitrag der schwedischen Straßenzeitung Faktum aus Stockholm führt euch nach Tunesien, das dank der Migrationspolitik der EU inzwischen zum Auffanggetto und Albtraum für Zigtausende Flüchtende aus Afrika geworden ist. Faktum gibt ihnen eine Stimme.
Außerdem werfen wir einen Blick auf die sich zuspitzende finanzielle Situation innerhalb der sozialen Trägerlandschaft in Dresden. Dass der verordnete Sparkurs der Stadt hier in einen sozialen Kahlschlag überzugehen droht, wird bereits jetzt an immer mehr Stellen sichtbar. Vielen Angeboten könnte das Aus drohen. Ein erstes Opfer gibt es bereits zu beklagen: Ausgerechnet in Gorbitz und Prohlis sollen zum Jahresenende psychosoziale Angebote für ältere Menschen mit psychischen Erkrankungen und Demenz wegfallen.